
ARTENSCHUTZ
ZEITUNGSWELLE


Rotmilan
Steckbrief:
Rotmilan
Milvus milvus
Bestand: abnehmend
Gattung: Habichtartige
Größe: 60 bis 73 cm
Spannweite: 150 bis 180 cm
Vorkommen: Zentral-, West- und Südwesteuropa
Eigenart: nächtigt in Schlafgesellschaften
Paarungszeit: Februar bis März





Landesbund für
Vogelschutz
www.lbv.de
Kennwort: Rotmilan
IBAN:
DE47 7645 0000 0240 0118 33
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Wie der Nachhaltigkeits-Boom unseren Rotmilanen zusetzt
Am Himmel kreisende und gelegentlich kreischende Rotmilane sind vielerorts zu einem völlig neuen Anblick geworden. Trotz ihrer Arealerweiterung bis hin an den Alpenrand ist ihr Bestand insgesamt rückläufig. Als Kulturfolger ist der Rotmilan den Entwicklungen in der Menschenwelt schutzlos ausgeliefert. Paradoxerweise tragen ausgerechnet einige ökologisch motivierte, nachhaltige Innovationen zu seinem Rückgang bei.
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Der Rotmilan ist ein unverwechselbarer Greifvogel, der sich ausgiebig beobachten lässt. Wenn er am Himmel seine gemächlichen Kreise zieht und nach Beute ausspäht, zeigen sich seine äußerlich bestimmenden Hauptmerkmale – sein auffällig gegabelter Schwanz und der markante weiß-beige Fleck auf der Flügelunterseite. Die hellen Zeichnungen auf dem ansonsten rostbraun-schwarzen Gefieder sind auch bei einem hoch segelnden Rotmilan gut zu erkennen – besonders, wenn er bei sonnigem Wetter kreist.
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Als sogenannter Suchflugjäger hält er im Fliegen nach Feldmäusen, Maulwürfen, Ratten, Feldhamstern, Tauben, Drosseln oder Krähen Ausschau – aber auch nach verendeten Tieren. Die Angewohnheit, Aas zu verschlingen, macht ihn leicht für Menschen angreifbar, die dem Rotmilan nicht wohlgesonnen sind. So wird immer wieder über oft in größerer Zahl tot aufgefundene Rotmilane berichtet, die an gezielt ausgelegten vergifteten Kaninchen-, Hühner- und Taubenkadavern eingegangen waren. Bei der Frage, warum Menschen Greifvögeln mit vergifteten Ködern nachstellen, wird auffällig, dass viele getötete Rotmilane in der Nähe von potentiell windparktauglichen Flächen gefunden werden. Wie im Bayerischen Windenergie-Erlass (BayWEE) vorgeschrieben, muss der Abstand zwischen Windenergieanlagen und Brut- oder Neststandort bestimmter Greifvogelarten mehr als 1000 Meter betragen. Vor diesem Hintergrund kommt der Verdacht auf, dass allzu nah sesshafte Rotmilane mancherorts von Windparkanlegern „per Giftmord“ beseitigt werden.
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Der laut BayWEE verpflichtende Mindestabstand besteht dabei aus gutem Grund. Rotmilane, die sich auf ihrem Beutesuchflug auf die Vorgänge am Boden konzentrieren, merken manchmal nicht, wenn sie einem Windrad gefährlich nahekommen. Viele können dabei nicht mehr ausweichen, werden von seinem Sog erfasst und von den Rotoren erschlagen. Trotz vorbildlich eingehaltener Mindestabstände hat die Errichtung mancher Windparks zum Abwandern ganzer Rotmilan-Populationen geführt.
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Auf Agrarflächen, die grünland- oder feldgraswirtschaftlich mehrmals im Jahr gemäht werden, kann der Rotmilan ausreichend Beutetiere erspähen. Der Trend der intensivierten Landwirtschaft mit dem großflächigen Anbau dichtwachsender Feldfrüchte wirkt dem kolossal entgegen. Das gilt auch für den nachhaltigkeitsgeleiteten Anbau von Energiepflanzen zur Gewinnung von Biogas und Biodiesel wie Mais, Raps, Zuckerrübe oder Silphie. Die „Vermaisung der Landschaft“, wie der Landesbund für Vogelschutz (LBV) diesen Anbautrend auf seiner Website nennt, bewirkt, dass suchfliegende Rotmilane „bodenständige“ Beutetiere einfach nicht mehr erspähen können.
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Da der Rotmilan in Bayern inzwischen als seltener Brutvogel gilt, wurde er in die Vorwarnliste für gefährdete Arten aufgenommen. Wer Maßnahmen zu seinem Schutz unterstützen möchte, wird gebeten, seine Spende unter dem Verwendungszweck „Rotmilan“ auf das Spendenkonto des Landesbunds für Vogelschutz e.V. (LBV) zu überweisen.
Sparkasse Mittelfranken-Süd,
IBAN: DE47 7645 0000 0240 0118 33
pw
Fabeltier, Seuchenschützer, Nautik-Lehrer
Was wir dem Rotmilan alles zu verdanken haben
Insgesamt umfasst die Greifvogelgattung Milane drei Arten. Während der Gelbschnabel-Milan nur auf dem afrikanischen Kontinent anzutreffen ist, leben Rot- und Schwarzmilan auch hierzulande. Bemerkenswerterweise ist mehr als die Hälfte des weltweiten Rotmilan-Bestands in Deutschland beheimatet. Der Schutz von Rotmilanen sollte für uns daher umso mehr eine Pflicht- und Ehrensache sein.
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Wenn wir schon von Ehre sprechen – das Ansehen, in dem der Rotmilan in alter Zeit stand, war nicht immer nur ehrenhaft. In der sogenannten Goldtopf-Komödie (Aulularia) des römischen Dramatikers Plautus (3. und 2. Jahrhundert v. Chr.) ist von einem Geizhals die Rede, der einen Gerichtprozess gegen einen Rotmilan anstrengen wollte. Dieser hatte ihm räuberisch die Brotzeit aus der Hand gerissen.
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Derartige Verhaltensweisen des Rotmilans – auch Weih genannt – sind indes gar nicht so weit hergeholt. Im 18. Jahrhundert berichtete der britische Naturgelehrte Thomas Pennant über Rotmilane, die in London mitten im dichtesten Gewühl Fleischabfälle auflasen. Schlachthofarbeiter pflegten damals solche Rückstände einfach aufs Straßenpflaster zu werfen. Dabei war es streng verboten, den Vögeln etwas anzutun. Zu wichtig war ihr gesundheitspolizeilicher Einsatz, mit dem sie durch das Vertilgen von Schlachtrückständen die Themsemetropole von einer gefährlichen Infektionsquelle säuberten. Manche Rotmilane wurden dabei derart zahm, dass sie auf Pfeifsignal heranflogen und in die Luft geworfene Fleischstücke auffingen. Das in der altrömischen Komödie erwähnte Aus-der-Hand-Reißen ist von daher nicht ganz unwahrscheinlich.
In einer Fabel des römischen Dichters Phaedrus (1. Jahrhundert) muss der Rotmilan als Bösewicht par excellence herhalten. Wie es darin heißt, schlug der Weih den Tauben einst in Arglist vor, ihn zum König zu machen. Wie sich jedoch herausstellte, zeigte sich dieser nach seiner Krönung nicht als der versprochene Beschützer, sondern als „böser Räuber“ (raptor), der seine Untertanen einfach verschlang.
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Im Sinne eines wiederum rechtmäßigen Regenten wurde der Weih in Friedrich von Schillers 1804 erstmals aufgeführtem Schauspiel Wilhelm Tell als „der Lüfte König“ besungen. Diese Ehrenbezeichnung führt wohl auf das majestätisch-sichere Flugbild zurück, mit dem es dem Rotmilan gelingt, sich mit bedächtig langsamen Flügelschlägen in der Luft zu halten. Ganz in diesem Sinne schrieb im 1. Jahrhundert der römische Gelehrte Plinius der Ältere: „Die Weihen scheinen [uns] durch die Wendungen ihres Schwanzes die Kunst des Steuerns gelehrt zu haben.“ Mit ihrem Navigieren in der Luft hätten sie dem Menschen gezeigt, „was unten auf dem Meer zu tun sei“.
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Wohl aufgrund seiner Beherrschung des Elements Luft nennt man ihn in Frankreich Milan royal – also „königlicher Milan“. Möglicherweise aus demselben Grund hört man auch hierzulande immer wieder seinen Aliasnamen „Königsweihe“. Milvus regalis – „königlicher Milan“ – lautete auch lange Zeit sein wissenschaftlicher Name. 1758 gelangte der schwedische Naturforscher Carl von Linné zur Überzeugung, dass es sich bei dem „Königs-Milan“ um eine Falkenart handle, und nannte ihn daher Falco milvus. Im Jahre 1799 korrigierte der französische Zoologe Bernard Germain Lacépède die irrtümliche Einteilung Linnés und ordnete den Rotmilan in die Gattung der Milane ein. Von dieser Zeit an trägt der Rotmilan die wissenschaftliche Bezeichnung Milvus milvus.
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Wer Maßnahmen zum Schutz dieses namenreichen „Königs der Lüfte“ unterstützen möchte, wird gebeten, seine Spende unter dem Verwendungszweck „Rotmilan“ auf das Spendenkonto des Landesbunds für Vogelschutz e.V. (LBV) zu überweisen.
Sparkasse Mittelfranken-Süd,
IBAN: DE47 7645 0000 0240 0118 33
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